113 Architektur Fragen – Welche Behörden beurteilen die Ästhetik eines Gebäudes?
Welche Behörden beurteilen die Ästhetik eines Gebäudes? (Autor: Evgeni Gerginski)
Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben. Damit es jedoch vor allem in dicht besiedelten Gebieten nicht zu einer Reizüberflutung beim Betrachten von Neubauten kommt, gibt es unterschiedliche Instanzen, die versuchen, ein stimmiges Bild im öffentlichen Raum zu bewahren. Bei historisch wertvollen Gebäuden bewerten andere Institutionen die ästhetische Bedeutung.
In Österreich sind die Instanzen je nach Zuständigkeit die Gemeinden oder der Bund selbst. Daneben gibt es noch die UNESCO. Die UNESCO identifiziert und schützt Kultur- und Naturdenkmäler von universellem Wert. Diese Stätten müssen mittels nationaler Maßnahmen (Ministerien BMK und BMKÖS) für künftige Generationen erhalten bleiben. In Österreich gibt es derzeit 10 Welterbestätten (Wien Innere Stadt, Hallstatt…). Der Bund ist mit dem Bundesdenkmalamt für Stätten verantwortlich, die einen nationalen Wert haben. Diese Einrichtungen sind im Denkmalverzeichnis aufgelistet, das laufend von Experten erweitert wird.
Besitzt jemandso ein Gebäude, benötigt er für fast jede Veränderung eine Genehmigung. In den Bundesländern gibt es die Ortsbildkommissionen mit ihren Sachverständigen und in Wien die Magistratsabteilung für Architektur und Stadtgestaltung (MA 19). Die Gemeinden legen mittels Verordnungen die gestalterischen Rahmenbedingungen fest, indem sie zum Beispiel Dachneigungen und Materialien vorgeben. Mittels Schutzzonen können generelle Bestimmungen für ganze Straßenzüge festgelegt werden. In reinen Einfamilienhaus-Siedlungen und wenn das Haus nicht gerade an einer exponierten Stelle oder in einer Gemeinde mit hohem architektonischem Anspruchliegt, besteht allerdings ein noch größerer Gestaltungsfreiraum.
Im speziellen Fall Wien entscheidet die MA 19 mit ihren fachkundigen Referentinnen, ob sich ein Gebäude ins Stadtbild einfügt oder nicht. Dabei ist entscheidend, was vom öffentlichen Raum sichtbar ist. Selbst bei Einfamilienhäusern, die von der Straße gut sichtbar sind, muss das Einverständnis für die äußere Gestaltung bei der MA 19 eingeholt werden.Da wo noch kein Stadtbild vorhanden ist – also in den Entwicklungsgebieten – sind die architektonischen Einschränkungen moderater.
Einen Spezialfall bilden die kleinen “gallischen Dörfer”, auch Kleingartensiedlungen genannt, wo quasi gestalterische Narrenfreiheit herrscht und keine ästhetischen Ansprüche an die Häuser gestellt werden. So kommt es dazu, dass neben dem DIY-Haus ein Architekturjuwel steht. Der Farb- und Formwelt in diesem Konglomerat sind keine Grenzen gesetzt. Da hilft es nur, den Zaun um diese Siedlungen so hoch und blickdicht wie möglich zu machen, denn oft sind sie mittlerweile mitten im urbanen Umfeld…