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113 Architektur Fragen – Warum gibt es neun verschiedene Bauordnungen?

Warum gibt es neun verschiedene Bauordnungen? (Autor: Andreas Hawlik) Österreich ist ein föderaler Bundesstaat. Den Bundesländern wird das Recht eingeräumt, auf bestimmten Gebieten eigene Gesetze und Regelungen zu erlassen. Auch Gemeinden haben wiederum das Recht Vorschriften und Verordnungen zu erlassen. Das föderale Rechtssystem differenziert also zwischen Anliegen von gesamtstaatlicher Bedeutung, die auf Bundesebene geregelt werden müssen und solchen, die den Ländern überlassen werden. Hier spielen regionale kulturelle Unterschiede eine große Rolle und das Bauwesen zählt zu diesen Fachgebieten von regionaler Besonderheit. Die Landesbauordnungen entstanden Großteils im 19. Jahrhundert und waren schon in der Monarchie Ländersache. Davor gab es in Städten mit eigenem Statut Bauordnungen. Die Niederösterreichische Landesregierung erließ 1829 eine erste Bauordnung für die Stadt Wien, welche die "wichtigsten Rücksichten der öffentlichen Sicherheit, der Regelmäßigkeit und des Ebenmaßes bei den Gebäuden" innerhalb des Linienwalls durchzusetzen sollte. Die Eingemeindung der Vorstädte ins Wiener Stadtgebiet und die Bebauung des Glacis führte um 1850 zur Eigenständigkeit der Stadt Wien in Bauordnungsfragen. Die erste Niederösterreichische Bauordnung wurde 1883 beschlossen.Die Regeln zum Bauen und Wohnen der Menschen sollten also nicht von oben herab diktiert werden – wo doch ein Dorf im Zillertal ganz anders aussah als im Mühlviertel oder im südlichen Wiener Becken. Viel regionales Fingerspitzengefühl war bei der Gesetzgebung erforderlich und auch die Fachbegriffe zu Siedlungsstrukturen und Bautechnik waren (und sind teilweise noch immer) höchst unterschiedlich. Auf Grund der wissenschaftlichen Aufarbeitung bau- und raumordnungsrechtlicher Themen, der Berücksichtigung von EU-Richtlinien und letztlich der Rechtsprechung auf Bundesebene entwickeln sich die einzelnen Bauordnungen heutzutage in ganz ähnliche Richtungen. Die Welt wird gefühlt kleiner und angesichts der Globalisierung und der Vereinheitlichung technischer Normen auf europäischer Ebene ist es doch verwunderlich, dass beispielsweise dies- und jenseits der Ketzergasse immer noch unterschiedliche Bauordnungen gelten – obwohl auf beiden Straßenseiten Homo Sapiens leben. So wie also vor 150 Jahren die Bauordnungen einzelner Städte zu Landesbauordnungen wurden, könnte uns in Zukunft eine Vereinheitlichung zur „Bundesbauordnung“ bevorstehen. Für uns Planer*innen würde sich dadurch einiges vereinfachen, der Weg dorthin ist aber noch weit.
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HAWLIK GERGINSKI Architekten ZT GmbH | Fichtegasse 9/2 | 1010 Wien
T +43-1-489 62 66 | office@aha-ege.at | www.aha-ege.at

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